KSA

High-Tech Umformung aus Aachen für Ariane 6-Strukturbauteile

Das Automated Peen Forming (APF) der Firma KSA Kugelstrahlzentrum Aachen GmbH ist eine Schlüsseltechnologie beim Bau der neuen europäischen Rakete Ariane 6.

Bis zu 150.000 Treffer pro Minute. So häufig fliegen die kleinen Stahlkugeln, mit denen die Firma KSA Kugelstrahlzentrum Aachen GmbH Strukturbauteile für die neue Ariane 6-Trägerrakete umformt. Das Unternehmen ist einer von 600 mittelständischen Zulieferern aus 13 Nationen, deren technisches Know-how für den Bau der Europa-Rakete unabdingbar ist.

Vor fast 30 Jahren wurde die KSA als Spin-off der renommierten RWTH Aachen gegründet. Den Grundstein für das Unternehmen legte Geschäfts-führer Dr.-Ing. Frank Wüstefeld mit seiner Doktorarbeit zum Thema Kugelstrahlumformen. Zusammen mit drei weiteren wissenschaftlichen Mitarbeitern am Institut für Bildsame Formgebung (IBF) und einem Finanzinvestor gründete er die KSA, zunächst um das außergewöhnliche Verfahren für die Umformung von sphärischen Tankdomsegmenten der Ariane 5-Trägerrakete weiterzuentwickeln. Seitdem wurden mehr als 3.400 dieser Bauteile und rund 2.400 konische Segmente des Triebwerkrahmens der Ariane 5 mit dem automatisierten Kugelstrahlen, dem Automated Peen Forming (APF), innerhalb engster Toleranzen umgeformt.

Der Erfolg dieses Prozesses führte dazu, dass die Umformtechnologie für die Ariane 6 als sogenannter baseline forming process ausgewählt wurde. Und zwar nicht nur für die sphärischen Tankdomsegmente, sondern auch für viele zylindrische Segmente der Treibstofftanks und der Raketenstruktur – ein Riesenerfolg für das kleine Unternehmen aus Aachen.

Wie funktioniert nun dieser Prozess, der für den Bau der neuen Ariane 6 eine so wichtige Rolle spielt? Das Kugelstrahlumformen ist im Prinzip ein partieller Schmiedeprozess. Ähnlich wie bei einem Schmied, der mit seinem Hammer ein Werkstück umformt, wird das Bauteil gedengelt – nur, dass dies beim Kugelstrahlumformen über Millionen kleiner Kugeln erfolgt. Diese wirken wie unzählige Hämmerchen, die mit hoher Geschwindigkeit auf das Bauteil treffen. Die durch den Beschuss erzeugten Dehnungen und Bauteileigenspannungen führen zu einer dauerhaften Krümmung des Bauteils.

Zu den wichtigsten Prozessparametern gehören die Strahlintensität, die Strahlzeit und das Vorspannen der Bauteile. Dazu kommen der Strahlmitteltyp und -größe, die Strahlmittelgeschwindigkeit und der Bedeckungsgrad. Sind alle Parameter erfasst, kann man kontrolliert und zuverlässig strahlen. Mit einer entsprechenden Software läuft der Prozess bei der KSA robotergeführt und wiederholgenau in der Serienfertigung ab. Schon 2002 wurde das Unternehmen für sein „Kontrolliertes Kugelstrahlen und Prozessautomation“ nach EN 9100 zertifiziert.

Waren bei der Ariane 5 im Laufe der Jahre nur kleinere Anpassungen des Prozesses aufgrund von Designänderungen nötig, sah man sich bei der Umstellung auf Ariane 6 aufgrund der schieren Menge an neuen Bauteilen – fast doppelt so viele wie bei Ariane 5 – vor einer Riesenherausforderung. Neben den Tankdomsegmenten, die denen der Ariane 5 ähneln, gab es eine Vielzahl neuer Bauteile mit komplexen Geometrien, für die Strahlrezepte verifiziert und hinterlegt werden mussten.

Eine besondere Herausforderung stellte dabei das Umformen von acht unterschiedlichen Triebwerksrahmensegmenten der Raketenoberstufe dar. Hier geht es um sehr komplexe, fast starre Bauteile mit einer überkreuzverrippten Struktur auf der Bauteiloberseite, d.h. in beide Richtungen laufende Stringerversteifungen. Auch diese sogenannten „orthogrids“, die zu Toleranzen innerhalb weniger Millimeter umgeformt werden, weisen unterschiedliche Felddicken, Stringerverläufe sowie Aussparungen (sogenannte „cut-outs“) auf.

Mit diesen letzten Bauteilen hat die KSA nunmehr die Entwicklungsarbeiten für alle Ariane 6-Segmente nahezu abgeschlossen. Fertigungsleiter Dipl.-Phys. Wolfgang Linnemann zeigt sich äußerst zufrieden mit der Leistung seines Teams: „Durch eine fein abgestimmte, schrittweise Abfolge ist es uns gelungen, eine Vielzahl von schwierigen Segmenten mit unterschiedlichen Designs nach Kundenspezifikationen umzuformen. Wir sind stolz, dass wir es geschafft haben, unser Verfahren auf derart viele komplexe Bauteile erfolgreich zu übertragen und freuen uns sehr, unseren Beitrag zur weiteren Präsenz Europas im Weltraum zu leisten.“

Nun blickt das KSA-Team gespannt nach vorne. Die Ariane 6 soll noch dieses Jahr zum ersten Mal ins
All starten und danach regelmäßig im Einsatz sein. Die High-Tech-Firma aus Aachen wird also auch in Zukunft allerhand zu tun haben.

KSA Kugelstrahlzentrum Aachen GmbH

Dr. Carolyn Kenny

Executive Assistant

+49 241 879795-0 | carolyn.kenny@ksa.de.com

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