Der Wettlauf zum Mond ist längst in vollem Gang – 50 Jahre nach der letzten Mondlandung wollen heute staatliche und private Unternehmen auf den Mond zurückkehren. Diesmal allerdings, um den Mond für eine wirtschaftliche Nutzung der erdnahen Planeten zu erschließen und neue Lebensräume zu entdecken.
Mit Unterstützung privater Technologie- und Raumfahrt-unternehmen, wie SpaceX, verfolgen die NASA und ESA ein konkretes Ziel: Wiederholt mit Menschen und Robotern auf dem Mond zu landen, um den Bau einer dauerhaft bemannten Mondstation vorzubereiten. Der Aufbau einer Mondbasis setzt die Einrichtung einer Versorgungskette notwendiger Materialien zwischen Mond und Erde voraus und stellt folglich eine enorme wirtschaftliche und logistische Herausforderung dar. So wiegt eine Station, vergleichbar mit der Internationalen Raumstation ISS – auf der sich bis zu sechs Personen zeitgleich aufhalten können – über 400 Tonnen. Die Kosten für das Befördern solcher Nutzlasten sind immens, wenn die Nutzlast von nur einem Kilogramm zur ISS mit maximal 10.000 € bzw. bis zur weiter entfernten Mondoberfläche sogar mit bis zu 1.000.000 € zu beziffern ist. Dementsprechend wird der Erfolg eines nachhaltigen Programms zur Erfoschung des Weltraums mit Hilfe eines bemannten Außenpostens auf dem Mond in starkem Maße von der Reduktion wiederkehrender Missionskosten bestimmt. Dabei nimmt die Verfügbarkeit und Nutzung lokaler Rohstoffe auf dem Mond eine zentrale Rolle ein.
Glücklicherweise findet man auf dem Mond oberflächennah all jene Rohstoffe, in Form fester und lockerer Mondgesteine, die für die Herstellung von Baustoffen benötigt werden. Auch die Frage nach Vorkommen von Titan-, Aluminium- oder Eisen-Rohstoffträgern und diversen Edelmetallen, sowie Helium-3 verstärkt die Suche nach wirtschaftlicher und technologischer Nutzung von Mondgesteinen. Langfristig erhält der Mond als bemannter Außenposten oder Handelsdrehscheibe bzw. Weltraumbahnhof wesentliche Beachtung, um den Aufbruch des Menschen zu anderen Himmelskörper, wie dem Mars voranzutreiben. Die NASA, ESA sowie internationale Forschungseinrichtungen arbeiten seit Langem an der Nutzung von Mondregolith zur Herstellung von Bau- und Werkstoffen. Als Regolith bezeichnet man die oberflächliche Schuttschicht, gebildet durch kosmische Verwitterungsvorgänge. Vielversprechend wirkt der 3D-Druck von Ziegeln oder ganzen Wänden aus Regolith, wenngleich auch nicht alle technologischen Unklarheiten ausgeräumt sind – beispielsweise die noch unzureichenden mechanischen Eigenschaften gedruckter Bauteile. Ein vielversprechender Lösungsansatz ist die Faserverstärkung lasttragender Elemente.
Ähnlich wie Beton zur Aufnahme von Biegezugbelastungen bewehrt wird, können Wände in einem 3-D-Druckverfahren mit Fasern verstärkt werden, die aus Mondgestein hergestellt werden: den Mondfasern.
MoonFibre ist ein Gemeinschaftsprojekt des Instituts für Textiltechnik (ITA – Dr. A. Niecke) und des Instituts für Strukturmechanik und Leichtbau (SLA – S. Kalapis) der RWTH Aachen University. Zielsetzung des Projektes ist der Aufbau einer miniaturisierten Faserspinnanlage und ihre technische Auslegung für den Betrieb auf der Mondoberfläche.
Die MoonFibres werden nicht nur zur Verstärkung gedruckter Bauteile oder als Filter- und Isolationsmaterialien Verwendung finden, sie fungieren zusätzlich als wichtigster Grundstoff für das Fertigen von Textilien und Kleidung auf dem Mond. Während der Apollo-Mondmissionen wurden insgesamt 382 kg Gesteinsmaterial zur Erde gebracht. Allerdings steht echtes Mondgestein für Forschungstätigkeiten seit dem Ende der Apollo-Mission nicht mehr zur Verfügung, jedoch ermöglichen Modellgesteine, sogenannte Simulate, die Eigenschaften von echten Mondgesteinen chemisch und physikalisch zu simulieren. Genau das geschieht am ITA, wo Simulate hergestellt und zu Endlosfasern versponnen werden. Dazu wird das Material auf über 1450 °C erhitzt und schmelzflüssig mit Hilfe hochtemperaturbeständiger Platin-Rhodium-Düsen in einem hydrodynamischen Ziehverfahren zu wenige Mikrometer dünnen Fasern ausgezogen.
Die bereits erzielten Forschungsergebnisse des Moon-Fibre-Projektes belegen zweifelsfrei, dass Mondgesteine, insbesondere die Basalte der Mond-Tiefländer, für die Faserherstellung genutzt werden können. Trotz ihrer besonderen petrographischen Merkmale, lassen sich lunare Basalte textiltechnisch weiterverarbeiten. Jedoch gelten für den Betrieb einer Anlage unter Mondbedingungen zusätzliche Anforderungen. Dabei ist zu beachten, dass das Verfahren auch fernab der Erde im Vakuum, ohne Luftfeuchtigkeit und Druck stabil betrieben werden soll. Darüber hinaus sind notwendige Fragen zur Abfuhr der großen Wärmemengen im Prozess ohne Luftströmung zu beantworten, da hohe Abkühlraten zur Bildung fester Fasern zwingend sind. Zur Beantwortung dieser Fragen erhält das MoonFibre-Team Unterstützung von dem studentischen Team IMFEX und der Firma FibreCoat GmbH Aachen (Dr. A. Lüking). Das Aachener IMFEX-Team beschäftigt sich mit Themen der Raketentechnologie und nimmt im Rahmen des deutsch-schwedischen REXUS-Programms am Start einer Rakete teil.
Während des Flugs der Rakete und nach Erreichen einer Höhe von knapp 80 km, entsteht in der Rakete im freien Fall zurück zur Erde eine zweiminütige Phase der Schwerelosigkeit.
Eben diese Phase des Fluges wird ausgenutzt, um Fasern aus Mondsimulat mit Hilfe der IMFEX-Zentrifugalspinnanlage in Schwerelosigkeit herzustellen.
MoonFibre
Dr. Alexander Niecke
Projektleiter
+49 241 8023285 | alexander.niecke@ita.rwth-aachen.de