Die Europäische Union strebt für 2025 an, ein eigenes sicheres Kommunika-tionsnetz für Europa zu schaffen, unabhängig von den Angeboten von SpaceX/Starlink oder One Web. Das Ziel der digitalen Souveränität soll durch mehrere hundert Satelliten, zugehörige Bodenstationen und Kontrollzentren realisiert werden. Diese erste europäische Multi-Orbit-Kleinsatellitenkonstellation soll die sichere Konnektivität auch an Orten gewährleisten, an denen eine terrestrische Breitbandversorgung nicht machbar oder nicht wirtschaftlich ist.
Das Satellitennetz soll einen sicheren, sehr schnellen und vor allem souveränen Austausch sowohl für kommerzielle als auch für institutionelle Kommunikationskanäle gewährleisten. Es wird schnelles Internet, Vernetzung von Prozessen (Industrie 4.0), autonome Mobilität, den automatischen Informationsaustausch, die Unterstützung humanitärer und militärischer Aktionen sowie weitere Anwendungen für Behörden, Unternehmen und europäische Bürger ermöglichen.
Die geplante Satellitenkonstellation muss auch die „Green Deal“-Anforderungen der EU erfüllen, neueste Technologien nutzen und die Kommunikation durch Anwendung von Quantenverschlüsselung optimal gegen Cyberangriffe schützen.
Um innovative Ideen und Entwicklungen innerhalb der Europäischen Union bestmöglich zu nutzen, hat die Europäische Kommission 2021 eine Studienausschreibung gestartet, die sich an KMU, Start-Ups und Forschungsinstitutionen richtet. Diese Konzeptstudie zielt darauf ab, neue Ideen und Technologien für eine innovative europäische Breitbandkonstellation zu nutzen, die Anforderungen wie beispielweise Datensicherheit und Interoperabilität zu definieren und einen attraktiven Geschäftsplan aufzustellen.
Ende 2021 wurde das inter-nationale UN:IO Konsortium (www.unio.global) als eines von zwei Zusammenschlüssen ausgewählt, die mit jeweils 1,4 Millionen Euro dotierte Studie, durchzuführen.
Das Konsortium für die Studie umfasst 14 Unternehmen und Institutionen aus fünf verschiedenen europäischen Ländern (Deutschland, Österreich, Schweden, Litauen und Belgien) und steht unter der Leitung des Satellitenherstellers Reflex Aerospace, des Startanbieters Isar Aerospace und des Laserspezialisten Mynaric. Neben den KMU und Start Ups aus der New Space Branche sind auch die Fraunhofer-Institute INT, IAF, sowie die Fraunhofer-Allianz Space mit ihrem breiten Kompetenzportfolio beteiligt. Aus NRW tragen neben den genannten Fraunhofer-Instituten auch CGI Deutschland B.V. & Co. KG (Bochum), CRN Management GmbH (Bonn) und Telefónica Germany GmbH & Co. OHG (Standort Düsseldorf) zur Studie bei.
Die Studie legt ihren Fokus auf die Analyse, Erforschung und Bewertung von mehreren Technologie-Komplexen. Dazu zählen unter anderem die Verknüpfung von Funkverbindungen mit optischer Kommunikation, ein von GPS-Daten unabhängiger Betrieb der Satelliten und die Nutzung von Quantum-Key-Distribution-Konzepten zur Erhöhung der Datensicherheit sowie die Interoperabilität der UN:IO-Satelliten mit den europäischen Satellitenmissionen Galileo (Navigation) und Copernicus (Erdbeobachtung). Anstelle der konventionellen Vorgehensweise, mehrere tausend Satelliten in den niedrigen Erdorbit (LEO, Low Earth Orbit) zu verbringen, will UN:IO nur wenige hundert Satelliten intelligent auf verschiedene Orbits verteilen und so eine höhere Kommunikationsleistung erreichen. Damit soll die ohnehin angespannte „Verkehrssituation“ im LEO nicht weiter belastet werden. Auch für eine geordnete Räumung nach der Dienstzeit ist gesorgt. Die Satelliten sollen mit ADEO-Bremssegeln bestückt werden, die nach Missionsende ein schnelles, gezieltes Verglühen in der Erdatmosphäre ermöglichen, so eine weitere Vermüllung der Erdorbits vermeiden und den nachhaltigen Umgang mit dem Weltraum
unterstützen.
Die finanzielle Förderung erfolgt über sechs Monate. Dann muss das Konsortium der Europäischen Kommission seine innovativen technischen Lösungen vorstellen. Parallel dazu beginnen bereits die Arbeiten zum Aufbau der Konstellation, die aus eigenen Mitteln der Konsortiumsleitenden und mit Risikokapital finanziert wird. Ein erster Demonstrator soll bereits 2023 den Betrieb im Weltraum aufnehmen. Ihm werden mehr als 400 lasergestützte Satelliten, Bodenstationen, mehrere Kontrollzentren und andere betriebliche Infrastrukturen folgen, bis Europas eigene UN:IO-Konstellation im Jahr 2025 einsatzfähig ist.
Fraunhofer-Allianz Space
Die Fraunhofer-Allianz Space ist ein Zusammenschluss von 17 Instituten, die im Bereich Raumfahrttechnologie angewandte Forschung für den Weltraum betreiben. Die Raumfahrt stellt eine der wichtigsten Schlüsseltechnologien einer modernen Industriegesellschaft dar und ist mit ihren Anwendungen und Diensten aus dem täglichen Leben eines Jeden nicht mehr weg zu denken. Unsere Institute bündeln ihre technologischen Kompetenzen, um der Raumfahrt-Industrie und Zuwendungsgebern einen zentralen Ansprechpartner und Systemanbieter, der verschiedenartige Komponenten entwickelt und zu einem Gesamtsystem integriert, zu bieten.
Fraunhofer-Allianz Space
Dr. Nadya Ben Bekhti-Winkel
Stellvertretende Leiterin der Geschäftsstelle Space des Fraunhofer Leitmarktes Luft- und Raumfahrtwirtschaft und Business Development Managerin
aerospace@int.fraunhofer.de | unio@reflexaerospace.com