Durch das stetig wachsende Verkehrsaufkommen im Personen- und Güter-verkehr – vor allem im urbanen Raum – stößt die vorhandene Infrastruktur immer mehr an die Grenzen ihrer Kapazität. Den Verkehrsraum in seiner dritten Dimension stärker zu erschließen, würde Städte entlasten und abgelegenen Gegenden neue Chancen bieten.
Teile des städtischen Verkehrs in die Luft zu verlagern, ist längst kein Zukunftstraum mehr. Innerhalb des
Leitprojekts ALBACOPTER® soll unter Leitung des Fraunhofer-Instituts für Verkehrs- und Infrastruktur-
systeme IVI eine fliegende Experimentalplattform mit der VTOL-Fähigkeit eines Multicopters und den aero-dynamischen Vorzügen eines Gleiters entwickelt und für Test- und Demonstrationsflüge zugelassen werden.
Im Projektverlauf ist zur Risikominimierung eine stufenweise Realisierung und Testung der technischen Innovationen und Konzepte in unterschiedlichen Skalierungen des ALBACOPTERs® 0.1, 0.5 (siehe Bild) und 1.0 vorgesehen. Neben den drei Fraunhofer Instituten mit Standorten in Nordrhein-Westfalen – IEM, IMS und IOSB – bringen auch die Institute ICT und LBF ihre Kompetenzen und Technologien in dieses ambitionierte Forschungsvorhaben ein.
Vertikale Mobilität
Mit dem Aktionsplan der Bundesregierung »Unbemannte Luftfahrtsysteme und innovative Luftfahrtkonzepte« wird derzeit der Weg geebnet, Drohnen und Flugtaxis nicht nur zu entwickeln, sondern das automatisierte und vernetzte Fliegen auch zielgerichtet in die Anwendung zu bringen. Deutschland soll sich damit als Leitmarkt der unbemannten Luftfahrt etablieren.
Die Urban Air Mobility (UAM) ist mit recht widersprüchlichen Anforderungen an die entsprechenden Missionen und damit an Fluggeräte- und Systemtechnik verbunden. So werden sichere, geräuscharme Multicopterlösungen entwickelt, die jedoch im Schwebeflug physikalisch bedingt sehr hohe Antriebsleistungen beanspruchen. Elektrische VTOL-Multicopter erfüllen die Kriterien der Umweltverträglichkeit, Flugsicherheit und Start-Lande-Agilität sehr gut, sind aber aufgrund geringer Energiespeicherdichten der Batterien in Reichweite und Nutzlastkapazität beschränkt.
Erheblich bessere Energiebilanzen offerieren Fluggeräte mit Tragflächen, die jedoch im urbanen Raum wegen damit verbundener Gleitstart- und Landeanforderungen limitiert sind. Zudem ist das Spektrum der Einsatzprofile von UAM-Flugsystemen bzgl. Transportkapazitäten, Reichweitenbedarfen und Fluggeschwindigkeiten sehr unterschiedlich. Damit sind modulare skalierbare Systemlösungen analog zu Plattformstrategien der Automobilwirtschaft anstelle vielfältiger Speziallösungen im Hinblick auf Effizienz und Nachhaltigkeit besonders interessant.
ALBACOPTER® als skalierbares Drohnenkonzept
Der daraus resultierenden Komplexität stellt sich das ALBACOPTER®-Konsortium durch Bündelung verteilter Instituts-Kompetenzen in den Bereichen mechanisch-mechatronischer Struktur- und Systemtechnologien, Entwurfs- und Produktionsverfahren, Sensorik, Regelungstechnik, Datenverarbeitung sowie Künstliche Intelligenz. Ziel ist es, mit dem ALBACOPTER®-Konzept innovative Technologieansätze zu entwickeln, die die Vorteile agiler Multicopter mit der Effizienz von Gleitern zusammenführen und zudem eine Skalierbarkeit aufzeigen.
Im Fokus der Arbeiten stehen Themenstellungen wie
- die Steigerung der Energieeffizienz des elektrischen Fliegens,
- die Einführung einer smarten Transportbox-Logistik,
- die Entwicklung serienfähiger Fertigungstechnologien für Drohnenflugkörper und Strukturkomponenten aus recyclefähigem faserverstärkten Thermoplastmaterial
- KI-basierte Verfahren zur autonomen Flugüberwachung und Fluglageregelung in kritischen Flugphasen.
Nach erfolgreicher Validierung des Systemkonzepts an wirtschaftlich sinnvollen Ausbaustufen wird eine Innovationsplattform geschaffen, die der experimentellen Erprobung des Fluggerätekonzeptes dient.
Mit dem ALBACOPTER® würde Fraunhofer erstmals ein experimentelles Fluggerät zur Verfügung stehen, mit dessen Hilfe ein breites Spektrum an Hightech-Entwicklungen für die UAM nicht nur getestet, sondern auch öffentlichkeitswirksam präsentiert werden können.
Projektleiter ist Prof. Dr. Matthias Klingner, Institutsleiter des Fraunhofer-Institut für Verkehrs- und Infrastruktursysteme IVI.
Projekt ALBACOPTER®
Weitere Informationen sowie die Kontaktdaten der Projektleitung und der beteiligten Institute finden Sie auf der Webseite.